RoRo-Cafeteria — in der Schülferfirma Lebenskompetenzen lernen
Käsebrezel, vegetarische Hotdogs, Wraps und Cookies – Fleurie und Stella, Mitglieder des Cafeteria-Teams des Romain-Rolland-Gymnasiums, berichten von ihren Verkaufsschlagern. Die Cafeteria an dem Gymnasium im Norden Berlins wird von Schüler/-innen geleitet und betrieben. Dabei unterstützt sie „mehr als lernen”.
Wie entsteht eine Schülerfirma?
Aber wie kommen Schüler/-innen dazu, eine Cafeteria zu leiten? Nachdem im Frühjahr 2018 die bisherigen Betreiber der Cafeteria die Bewirtschaftung aufgegeben hatten, kam der Gedanke auf, dass Schüler/-innen die Cafeteria selbst übernehmen könnten, erzählt Fleurie, die gerade die 11. Klasse besucht. Sie hätten sich alle zunächst gar nicht vorstellen können, dass ein Projekt in dieser Größe für eine Schülervertretung umsetzbar sei. Max, einer der Trainer von „mehr als lernen”, habe dann aber einen der entscheidenden Impulse gegeben, erzählt Fleurie. Er meinte: „Wieso denn nicht? Das kann doch nicht so schwer sein.”
Die Schülerinnen und Schüler waren dabei und arbeiteten an einem Konzept für die Bewirtschaftung – gar nicht so leicht, wie sich herausstellte, aber es gelang. Das fertige Konzept wurde der Schulkonferenz, in der Schüler/-innen, Eltern und Lehrkräfte vertreten sind, vorgelegt. Im Berliner Schulgesetz ist geregelt, dass dieses Gremium darüber entscheidet, von wem eine Schul-Cafeteria betrieben wird. Im Entscheidungsfindungsprozess setzte sich das Konzept der Jugendlichen letztendlich gegen andere Optionen durch und die Schulkonferenz stimmte zu. Offizielle Betreiberin der Cafeteria ist seitdem die Bildungsinitiative „mehr als lernen”.
Was hat die Cafeteria mit kompetenzorientiertem Lernen zu tun?
Für Steffen Gentsch, Teil des Leitungsteams bei „mehr als lernen”, war schnell klar, dass die Bildungsinitiative dieses Projekt unterstützen will. Für ihn ist das Besondere die Signalwirkung für die Schulgemeinschaft: „Die Schülerinnen und Schüler waren mit dem Status-Quo unzufrieden. Sie haben aber nicht nur gemeckert, sondern setzen sich zusammen, investierten viel Zeit und entwickelten eine Lösungsidee. Die Cafeteria ist ein Herzstück der Schule. Viele bekommen mit, dass es durch das Engagement einer kleinen Gruppe möglich war, eine Verbesserung für viele zu bewirken. Die Schüler/-innen erfahren hier, wie Entscheidungsfindungsprozesse in einer Gruppe funktionieren, brauchen Sozialkompetenz, lernen nachhaltig wirtschaftlich zu denken und zu handeln und erleben Selbstwirksamkeit, indem sie echte Verantwortung übernehmen.”
Anfangs seien die Reaktionen durchaus unterschiedlich gewesen, berichtet Fleurie. So hätten manche Lehrkräfte befürchtet, dass die Schüler/-innen durch ihre neue Aufgabe zu viel Unterricht verpassen könnten. Und sie hätten sich gar nicht so recht vorstellen können, dass auch die Schülerfirma eine Möglichkeit sei, Wichtiges zu lernen.
Fleurie erzählt, sie nehme mit, wie viel man zusammen erreichen kann, wie man Dinge organisiert und wie man als Gruppe zusammenarbeitet. Stella, die ebenfalls fast seit Beginn des Projektes dabei ist und die 10. Klasse besucht, sieht das ähnlich. Sie habe viele Erfahrungen gesammelt: Sie habe gelernt, mit Lebensmitteln, Großhändlern und Kunden umzugehen und vor allem Verantwortung übernommen. Schließlich führen die Schüler/-innen nun einen eigenen Betrieb.
Wie funktioniert eigentlich ein Schülerunternehmen?
Seit Herbst 2018 trifft sich das Leitungsteam der Cafeteria alle drei Wochen, tauscht sich aus und trifft Entscheidungen. Im ersten Betriebsjahr machte die Firma noch leichte Verluste, aber mittlerweile hat die kleine Firma viel gelernt und sich auf die Kunden/innen eingestellt: Die Prognosen für das laufende Schuljahr sahen vielversprechend aus. Corona stellte die Schülerfirma nun natürlich vor ungeahnte Herausforderungen, aber das geht momentan ja vielen Unternehmen so. Die Gewinne sollen langfristig Schulprojekten zu Gute kommen.
Auch bis die Treffen des Leitungsteams so richtig rund liefen, brauchte es allerdings ein wenig Übung. „Es gab eine Phase, als wir uns alle zu den Treffen hingezwungen haben, und es hat irgendwie der Vibe gefehlt”, erzählt Stella. Geholfen habe dann zu reflektieren, was eigentlich gerade los ist. Sie hätten dann die Sitzungsstruktur umgebaut und sich stärker um eine angenehme Arbeitsatmosphäre mit Snacks und Musik gekümmert. Das sei wichtig, um nach 7 Stunden Unterricht noch arbeiten zu können.
Bei der Umsetzung wird das Leitungsteam unter anderem tatkräftig von Andreas Kreibe unterstützt, der das Projekt bei „mehr als lernen” hauptamtlich betreut. Andreas hat zum Beispiel mitgeholfen, dass das Unternehmen bei Großhändlern bessere Preise bekommt, erzählt Fleurie. Die hätten die Schülerfirma am Anfang nicht so ganz ernst genommen. Mit Andreas’ Erfahrung aus der Gastronomie klappt das jetzt viel besser.
Beim Verkauf in den Pausen helfen auch andere Schüler/-innen der Schule mit. Das Leitungsteam hat sich darum gekümmert, dass diese Schüler/-innen eine Bescheinigung vom Gesundheitsamt, eine sogenannte „Rote Karte” machen konnten, so Fleurie. Die Mitglieder des Leitungsteams sind abwechselnd in der Cafeteria und kümmern sich darum, dass alles funktioniert. Damit der tägliche Arbeitsaufwand zu bewältigen ist, hat die Cafeteria auch zwei Servicekräfte angestellt, die den Schüler/-innen bei der Vorbereitung und dem Verkauf außerhalb der Pausen zur Seite stehen.
Wie geht es gerade weiter?
Das Leitungsteam beschäftigt aktuell ein Generationenwechsel, der sich durch den Schulabschluss einiger Teammitglieder andeutet. Zum Glück kann die Gruppe aber auch einige Neuzugänge verzeichnen. Gesprächsthema ist außerdem, wie die Cafeteria noch nachhaltiger werden könnte. Es sei ihnen wichtig gewesen an diesem Aspekt zu arbeiten, meint Stella. Poster erinnern jetzt an möglichst sparsamen Serviettengebrauch. Das Team hat außerdem wiederverwendbares Besteck eingeführt und überlegt, wie weiter Plastik eingespart werden kann. Thema ist auch immer wieder, ob und wie es möglich ist, Feedback von Lehrer/-innen und Mitschüler/-innen umzusetzen. Auf die Anregung von Schüler/-innen hin entschied sich das Team dafür, vegetarische oder vegane Gerichte einzuführen.
Die zusätzliche Arbeitsbelastung durch das Projekt sieht Fleurie übrigens entspannt: „Wenn man begeistert ist von etwas, dann ist das ja nichts Schlimmes.” Und: „Vor allem haben wir durch die Schülerfirma viel gelernt und die Schule mitgestaltet!“